Anzeige

Eine Minute zum Thema steigender Meeresspiegel

Es gibt Gegenden, wo das Meer den Platz für die Menschen immer kleiner macht. Vier von ihnen sehen das als Herausforderung der speziellen Art.
Text: Andrea Jeska, Fotos: Yanivmatza/Pixabay / 2 Min. Lesezeit
Anzeige

Der Organisation Climate Central liegt nichts daran, Panik zu verbreiten; das Datenmaterial, das diese NGO im Zusammenhang mit den Folgen des steigenden Meeresspiegels publiziert, liest sich ernst genug. Immer häufigere Überschwemmungen betreffen immer mehr Menschen, viele verlieren permanent ihren Lebensraum: Die Zahlen gehen in die hunderte Millionen. Das doppelt Schlimme daran: Betroffen sind zum Teil auch Länder, die nicht schuld sind an den Ursachen, nämlich dem übermäßigen Ausstoß von Treibhausgasen.

Der Anstieg des Meeresspiegels durch Erderwärmung und Abschmelzen von Eismassen vor allem an den Polen ist nicht nur sichtbarstes Ergebnis unseres fahrlässigen Umgangs mit dem Planeten: Ursache und Wirkung lassen sich damit am plausibelsten erklären. Auch die Folgen: Wohl sind küstennahe Landstriche am heftigsten betroffen, doch die globale wirtschaftliche und politische Vernetzung zeitigt Auswirkungen auf jeden von uns.

Anzeige

Der Anstieg des Meeresspiegels durch Erderwärmung und Abschmelzen von Eismassen vor allem an den Polen ist nicht nur sichtbarstes Ergebnis unseres fahrlässigen Umgangs mit dem Planeten: Ursache und Wirkung lassen sich damit am plausibelsten erklären.

Diese Abhängigkeit kann, so die Hoffnung aller Beteiligten, langfristig gesehen durchaus etwas Gutes haben (obwohl wir das schnell kapieren sollten, um keine Zeit zu verlieren). Ob Mobiltelefone oder Medikamente, T-Shirts oder Lebensmittel, Tourismus oder Migration: Je empfindlicher die Auswirkungen, desto höher sollte die Bereitschaft jedes Einzelnen sein, sich mit potenziellen Lösungen auseinanderzusetzen.

1. Venedig – Wo das Meer auf Knopfdruck geht

Die Situation: Das Hochwasser Acqua alta setzt Venedig immer stärker zu. Der Hauptgrund ist der Anstieg des Meeresspiegels und das gleichzeitige Absinken der auf hunderttausenden Holzpfählen verankerten Bauwerke aufgrund der unkontrollierten Entnahme von Grundwasser und Methan durch Industriebetriebe auf dem nahen Festland.

Die Lösung: Ab 2021 wird das Projekt MO.S.E. (= modulo sperimentale elettromeccanico), ein Sturmflutsperrwerk aus 78 beweglichen Fluttoren, an den drei Laguneneingängen platziert sein. Vom Prinzip her sind es mit Wasser gefüllte Stahlkästen, die sich – wird das Wasser mit Pressluft herausgepumpt – aufrichten und dann die Flutwellen abhalten.

venedig meeresspiegel Foto: Joshua Stannard
Stadt am Wasser: Venedig

2. Miami – Die Bedrohung als Herausforderung

Die Situation: Rund eineinhalb Meter könnte der Meeresspiegel vor Miami in den nächsten 80 Jahren steigen, schätzen Experten – da die Stadt oft nur knapp einen Meter über dem Meeresspiegel liegt, ist das Problem offenkundig. Zudem stehen Floridas Küstenstädte auf porösem Kalkboden, der sich vollsaugt und zusätzlich Wasser nach oben drückt.

Die Chance: Noch sind es Pumpstationen und höhere Kaimauern, die den Status quo sichern sollen. Miami will sich aber mittelfristig zu einem Kompetenzzentrum für Klimaresilienz entwickeln. Unter dem Druck der Situation, denn steigende Meeresspiegel gefährden mit dem Trink- und Abwassermanagement die elementare Versorgung von Floridas Küstenregion.

3. Jakarta – Eine Hauptstadt zieht um

Die Situation: Die Indonesiens Hauptstadt versinkt. Durch die Entnahme von Grundwasser, das die 30 Millionen Einwohner als Trinkwasser brauchen, senken sich Straßen und Bauwerke jährlich um bis zu 25 Zentimeter ab. Zum Meer hin braucht es bereits meterhohe und kilometerlange Schutzmauern, um die Wohnviertel vor Überflutungen zu schützen.

Die Vision: Eine neue Hauptstadt soll das Problem radikal lösen – auf der Insel Borneo, 1.200km entfernt. Machbarkeitsstudien sind bereits in Auftrag gegeben, Architektenwettbewerbe haben bereits Sieger gekürt; für die geplanten Kosten von 30 Milliarden Euroscheinen arabische Geldgeber gefunden. Übersiedeln sollen „nur“ etwa 1,5 Mio. Menschen.

4. Nordsee Ein kühnes Projekt

Die Situation: Steigende Meeresspiegel bedrohen in der Nordsee noch in diesem Jahrhundert den Lebensraum von 25 Millionen Menschen – vor allem in Norwegen, Dänemark, Deutschland und den Niederlanden. Worst-Case-Szenarien des Instituts GEOMAR in Kiel gehen gar von einem Anstieg von bis zu zehn Metern bis ins Jahr 2500 aus.

Die Utopie: Zwei Dämme zwischen England und Frankreich bzw. Schottland und Norwegen (160 bzw. 475 km lang, Tiefe bis über 300 Meter, Kosten bis zu 500 Mrd. Euro) könnten eine Lösung sein. Pro: Forscher sehen das technisch machbare Projekt vor allem als Warnung. Kontra: Das Meer verkommt zum Süßwasser-Binnengewässer mit allen Nachteilen.

Diese Geschichte erschien erstmals im Terra Mater Magazin, März 2020.

Abo
Angebot für Terra Mater-Jahresabo mit Schreibset
  • 30€ für Ausgaben Terra Mater jährlich

  • Terra Mater Buff-Tuch als Geschenk

  • Zugang zur Terra Mater Society

Zum Angebot