Zum 200. Geburtstag: Gregor Mendel und die Erbsenpflanze

Als Student versagte er, als Seelsorger scheiterte er, und auch als Wissenschaftler fand er kaum Anerkennung. Jetzt soll er also seine letzten Geheimnisse preisgeben: Noch in diesem Sommer wollen tschechische Forscher verraten, was sie im Erbgut des sogenannten „Vaters der Vererbungslehre“ entdeckt haben. Es geht um Gregor Johann Mendel, jenen Mönch und Wissenschaftler, der über Jahre Erbsenpflanzen kultivierte, verschiedene Sorten kreuzte und so herausfand, nach welchen Gesetzmäßigkeiten sie ihre Erbinformation von Generation zu Generation weitergeben. Und weil diese Regeln nicht nur für Hülsenfrüchte gelten, sondern für alle Pflanzen, Tiere und auch den Menschen, gilt Mendel als einer der wichtigsten Pioniere der modernen Biologie.
Gerne nennen ihn Experten in einem Atemzug mit Charles Darwin, der mit der Evolutionstheorie einen der wichtigsten Gedanken zum Verständnis des Lebens formuliert hat. Im Juli 2022 jährt sich Mendels Geburtstag zum 200. Mal, was für die Wissenschaftler in Brünn der Anlass war, seine sterblichen Überreste zu exhumieren. Durch die Analyse seiner Knochen und des enthaltenen genetischen Erbgutes wollen sie Hinweise bekommen, warum Mendels Leben so verlaufen ist, wie es verlaufen ist. Dabei enthält schon die heute bekannte Biografie Mendels ausreichend Brüche und Windungen. So war Mendel zwar talentiert, schaffte aber sein Studium der Naturwissenschaften nicht. Oder: Zu Mendels Lebzeiten wollte die katholische Kirche die Schöpfungsgeschichte noch wörtlich verstanden wissen. Der Mönch Mendel befasste sich trotzdem mit der Frage, wie die Natur – auch ohne göttlichem Plan – so viele verschiedene Lebensformen hervorbringen konnte. Und: Wenn seine Erkenntnisse wirklich so bahnbrechend waren – warum fand er dann zunächst so wenig Anerkennung? Die Suche nach Antworten führt zur Erkenntnis, dass sich aus Mendels spezieller Biografie einige Lektionen ableiten lassen, die für das Leben ganz allgemein gültig sind.
Gerne nennen ihn Experten in einem Atemzug mit Charles Darwin.
LEKTION 1: LASS DICH NICHT FESTLEGEN
Eine Karriere als Forscher und Entdecker ist Mendel nicht in die Wiege gelegt. Diese steht nämlich im Haus einer Kleinbauernfamilie, 130 Kilometer von Brünn entfernt. Die Eltern plagen sich mit der Landwirtschaft, früh arbeitet der Bub mit, lernt vom Vater, Obstbäume zu veredeln, und ist auf dem Weg, selbst Bauer zu werden. Der Ausbruch aus der vorgezeichneten Laufbahn gelingt am besten mit freundlicher Unterstützung.

LEKTION 2: FINDE MENSCHEN, DIE AN DICH GLAUBEN
Klein Johann ist klug genug, um dem Dorfschullehrer aufzufallen. Der empfiehlt den Eltern, das Kind in die Mittelschule zu schicken. Später beginnt Mendel in Brünn zu studieren. Doch er ist kein Überflieger, kein Genie, dem alles zufällt. Nebenbei muss er als Nachhilfelehrer arbeiten. Mendel erkrankt schwer, verpasst Monate an der Universität und plagt sich danach noch mehr, um den Stoff nachzuholen. Das Studium ist eine einzige Qual. Doch wieder ist da ein Lehrer, der in Mendel Talent sieht und dafür sorgt, dass der Student im Alter von 21 Jahren im Brünner Augustinerkloster aufgenommen wird. Er nimmt den Klosternamen Gregor an. Später schreibt er, dass er sich mit diesem Schritt von „bitteren Nahrungssorgen“ befreit hätte. Sein Glück: Auch im Kloster findet er Unterstützer. Daraus ergibt sich:

LEKTION 3: SEI ZUR RECHTEN ZEIT AM RECHTEN ORT
Der Konvent in Brünn ist zu der Zeit das intellektuelle Zentrum der Region. Der Abt ermuntert die Mönche, ihre Talente auszuleben. Einer analysiert das damals nur wenigen zugängliche Goethe- Archiv. Ein anderer komponiert. Und einer ist ein landesweit aktiver Botaniker mit eigenem Herbarium im Klostergarten – Mendel. Mit 25 wird Mendel zum Priester geweiht. Doch die Seelsorge liegt ihm nicht: Beim Umgang mit Kranken und Leidenden sei Mendel selbst einer „gefährlichen Krankheit“ verfallen, der Schwermut, notiert der Abt. Also schickt er ihn als Lehrer in umliegende Schulen. Dort, endlich, bewährt sich Mendel, und ein Schuldirektor er mutigt ihn, die Lehramtsprüfung abzulegen. Dann könne er auch die älteren Jahrgänge unterrichten. Mendel reist also 1850 zur mündlichen Prüfung nach Wien, doch vor der Kommission versagen ihm die Nerven.
Niedergeschlagen kehrt Mendel zurück nach Brünn. Nun aber lässt der Abt wiederum nicht locker und schickt Mendel abermals nach Wien. Er soll studieren und sich ordentlich auf die Prüfung vorbereiten. In der Hauptstadt der Monarchie gärt es damals, buchstäblich. Kanalisation gibt es keine, dafür Typhus, Cholera und Tuberkulose. An der Universität aber weht nach der Revolution von 1848 ein frischerer Wind. Mendel hört Vorlesungen des Biologen Fritz Unger. Der hat anhand von Fossilien entdeckt, dass sich Pflanzenarten im Lauf der Erdgeschichte verändert haben. Unmittelbar bevor Mendel nach Wien kommt, veröffentlicht Unger das in einer 17-teiligen Serie in der „ Wiener Zeitung“ – und erntet dafür heftige Kritik vom katholischen Klerus. Mendel besucht auch Vorlesungen beim Physiker Christian Doppler (ja, der mit dem Doppler-Effekt) und lernt, Experimente mit mathematischen Methoden zu analysieren. Nach zwei Jahren tritt Mendel wieder zur Lehramtsprüfung an, doch schon bei der zweiten Frage kann er – offenbar vor lauter Nervosität – nicht mehr schreiben und scheitert wieder. Zurück in Brünn ist er so krank, dass ihn der eigens herbeigeholte Vater pflegen muss. Und was jetzt?

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