Wie entstand das Leben? Eine Idee & 3 Antworten

Diese Frage stellen sich Denker seit einer halben Ewigkeit – und neuerdings auch all jene, die außerirdisches Leben suchen. Denn wer weiß, welche die unabdingbaren Zutaten für die Entstehung von Lebendigem sind, der weiß auch, wo im Universum danach zu suchen wäre.
Charles Darwin, der mit seiner Evolutionstheorie immerhin die Entstehung der Arten erklären konnte, vermied es peinlich, sich öffentlich über den Ursprung des Lebens zu äußern. Weil er davon überzeugt war, dass die Wissenschaft seiner Zeit darauf keine Antwort finden würde.
Nur in einem Brief an seinen Freund ließ sich er sich zu einer Spekulation hinreißen: „Was wäre“, schrieb er im Februar 1871, „wenn wir uns vorstellen könnten, dass in irgendeinem warmen Teich mit allen Arten von Ammoniak und Phosphorsalzen, Licht, Wärme und Elektrizität eine Eiweißverbindung chemisch gebildet wird, die bereit ist, noch komplexere Veränderungen zu erfahren?“
Tja, was wäre dann? Bis heute kann diese Frage niemand so recht beantworten. Dabei fehlt es sicher nicht an den Bemühungen. Forscher stellen – rein theoretisch oder auch praktisch im Labor – jene Bedingungen nach, unter denen vor 3,9 bis 3,5 Milliarden Jahren das Leben auf der Erde seinen Anfang nahm: Damals gab es kaum Sauerstoff in der Atmosphäre, und die Sonne schien schwächer als heute. Dafür verfügte die Erdatmosphäre noch über keine Ozonschicht, und so traf mehr ultraviolette Strahlung auf die Erdoberfläche. Wasser war vorhanden, Phosphor prinzipiell auch, das aber in wenig hilfreicher Form. Was aber war nun der entscheidende Zündfunke?

Die amerikanischen Chemiker und Biologen Stanley Miller und Harold Urey mixten 1953 eine frühzeitliche Atmosphäre in einem Glaskolben und ließen tausende Miniaturblitze durch ihre Versuchsanordnung zucken. So schufen sie eine teerige Masse, und in der fanden sie Aminosäuren – und damit einen allerersten Entwicklungsschritt in Richtung Biologie. Mehr aber auch nicht.
Im vergangenen März präsentierten Wissenschaftler die Idee, dass Abermilliarden von Blitzeinschlägen im Boden den dort gebundenen Phosphor wasserlöslich gemacht und damit für organische Moleküle verfügbar gemacht hätten. Eine weitere Theorie verlagert die Bildung wirklich komplexer Bio-Moleküle einfach ins All. Von dort seien sie mittels Meteoriten auf der empfangsbereiten Erde gelandet und hätten hier begonnen, sich zu vermehren.
Und schließlich gelten auch heiße vulkanische Quellen am Meeresgrund als möglicher Geburtsort von allem, was kreucht und fleucht. Für die Suche nach außerirdischem Leben bedeutet das: Leben braucht nicht unbedingt Sonnenlicht. Es kann auch im Dunklen entstehen, etwa unter den kilometerdicken Eisschichten des Saturnmondes Titan.
Eine Idee und drei Theorien
1871 – Darwins Idee. Ein wenig Chemie, warmes Wasser und viel Zeit. Das sind die Ingredienzien jener Ursuppe, die Charles Darwin im Jahr 1871 als Ursprung allen Lebens vermutete.
1953 – Das erste Experiment. Die US-amerikanischen Forscher Miller und Urey ließen tausende Blitze durch eine nachgebildete methanhaltige Uratmosphäre zucken – und konnten so komplexe organische Substanzen erzeugen.
2003 – Inspiration aus der Tiefsee. Heiße vulkanische Quellen am Grund des Meeresliefern mit Schwefelwasserstoff offenbar die Energiequelle für Bakterien. Die Schlussfolgerung: Leben braucht kein Licht.
2021 – Rohstoff aus dem All. Neu im Theorien-Reigen: die Idee, dass Asteroiden außerirdische Aminosäuren auf die Erde brachten und hier unter der Sonnenstrahlung sowie im Wechsel von Dürre und Nässe die ersten Ribonukleinsäure-Moleküle bildeten. Und damit die ersten Bestandteile des Lebens.
Diese Geschichte erschien erstmals im Terra Mater Magazin 4/2021.

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