Sieben Helden

Unglaublich massiv, dabei aber immer elegant. Gelassen und doch stets aufmerksam. Majestätisch und anscheinend weise: Afrikanische Elefanten gehören zu den eindrucksvollsten Lebewesen dieses Planeten. Aber wie lange noch? Laut einer aktuellen Studie sank die Zahl der Elefanten in Afrika von 2007 bis 2014 um mehr als 140.000 Tiere, das entspricht etwa 30 Prozent der Gesamtpopulation. Die meisten von ihnen fielen Wilderern zum Opfer, die das Elfenbein über Mittelsmänner vor allem nach China und Japan schmuggeln.
Geht das Töten weiter wie bisher, könnten die größten Landsäugetiere der Welt innerhalb der kommenden 15 Jahre ausgerottet werden, fürchten Experten. Doch immer mehr Tierschützer, Sicherheitsfachleute, IT- und Kampagnen-Spezialisten stellen sich dem Gemetzel entgegen. Mit Methoden, die an die Arbeit von Geheimdiensten erinnern. Gemeinsam wollen sie das Elfenbein-Netzwerk aus Wilderern, Schmugglern und Geschäftemachern zerstören.
Regisseur Richard Ladkani hat einige dieser modernen Helden aufgespürt und begleitet. „Sie gehören zu den inspirierendsten Menschen, denen ich je begegnet bin“, sagt Ladkani. „Mit ihrer Zielstrebigkeit und Hartnäckigkeit geben sie uns Hoffnung.“ Drei Jahre lang haben Ladkani, sein amerikanischer Co-Regisseur Kief Davidson und die Crew der Terra Mater-Film Studios an dem Film gearbeitet. Sechzehn Monate lang dauerten allein die Dreharbeiten an Schauplätzen von London bis Sambia und Hongkong. Das Resultat ist „The Ivory Game“, ein Film so prächtig wie eine Naturdoku und so spannend wie ein Thriller.
Hier lässt Richard Ladkani sieben seiner Helden selbst zu Wort kommen. Sie alle haben verschiedene Motive, verschiedene Lösungsideen, und sie arbeiten mit verschiedenen Methoden. Doch eines haben sie gemeinsam, ihr Ziel: die Elefanten vor dem Aussterben zu bewahren.

Elisifa Ngowi
Leiter der Tansanischen Taskforce gegen Kapitalverbrechen und Wilderei
Mein Name ist Elisifa Ngowi, ich leite eine Einsatzgruppe in Tansania, die sich der Bekämpfung von Terrorismus, Waffen- und Menschenhandel sowie dem Kampf gegen Wilderei verschrieben hat. Ich muss mich vorstellen, weil ich meine Identität bisher vor Außenstehenden geheim gehalten habe. Jetzt möchte ich aber doch über meinen Kampf gegen die Wilderer und Elfenbeinschmuggler erzählen, weil die Sache so wichtig ist.
Eine unserer wichtigsten Missionen ist die Ergreifung von Boniface Malyiango, genannt Shetani – dieser Rufname bedeutet „Teufel“. Er ist der meistgesuchte Elefantenkiller Ostafrikas. Er hat in meinem Land über 10.000 Elefanten getötet, und er weiß, dass wir ihn suchen. Er hatte uns gewarnt: Er sei bereit, auf meine Männer zu schießen. Also sind auch wir bereit, auf ihn zu schießen – entweder er oder wir.
Jedes Tier, das wegen des schnellen Geldes getötet wird, ist ein Verlust für mein Land.
Elisifa Ngowi, Leiter der Tansanischen Taskforce gegen Kapitalverbrechen und Wilderei.
Jedes Tier, das wegen des schnellen Geldes getötet wird, ist ein Verlust für mein Land. Es schmerzt mich sehr zu beobachten, was diese habgierigen Menschen anrichten, es schmerzt mich wirklich sehr. Wenn wir Wilderer wie Shetani nicht aufhalten, werden unsere Kinder und Kindeskinder Elefanten nur noch aus Bilderbüchern kennen.

Bei unseren Razzien finden wir oft Elfenbein. Das zeigt, dass wir zu spät waren. Lieber beschlagnahme ich Waffen, denn das bedeutet, dass diese Waffen keinen Elefanten mehr töten können. Die Wilderer schießen aus umgebauten Gewehren mit Spezialmunition auf die Tiere. Und warum? Für ein Kilo Elfenbein bekommen sie rund 7 US-Dollar. In Hongkong bezahlen Kunden bis zu 3.000 Dollar.
Vor kurzem konnten wir die berüchtigte sogenannte „Ivory Queen“ fassen, eine Chinesin, die hier jahrelang mit Elfenbein gehandelt hat. Wir hoffen, dass sie uns zu Shetani führt.
Andrea Crosta
Gründer der Internetplattform WildLeaks
Früher habe ich Piraten vor dem Horn von Afrika bekämpft und Konzerne in Sicherheitsfragen beraten. Doch vor einigen Jahren sah ich, was Wilderer einer kleinen Gruppe von Elefanten angetan hatten. Es war schrecklich. Einem kleinen Tier, genannt Sambesi, hatten sie den Kopf und das Gesicht zerhackt. Nur wegen weniger Kilogramm Elfenbein. Damals beschloss ich, gegen die Ausrottung der Elefanten zu kämpfen. Ich habe WildLeaks gegründet – eine Internetplattform, bei der mittlerweile fast täglich anonyme Hinweise auf illegalen Wildtier- und Elfenbeinhandel eingehen. Wir gehen diesen Hinweisen nach.
Natürlich können wir allein die Wilderer nicht stoppen. Aber wir können auf das Problem hinweisen, wir können die Öffentlichkeit aufrütteln. Erst wenn es keinen Markt für Elfenbein gibt, wird das Töten in Afrika aufhören.
Einem kleinen Tier, genannt Sambesi, hatten sie den Kopf und das Gesicht zerhackt. Nur wegen weniger Kilogramm Elfenbein.
Andrea Crosta, Gründer von WildLeaks.
Eine unserer wichtigsten Informantinnen, ich nenne sie Omega, hat uns Zugang zu den höheren Kreisen des Elfenbeinhandels in Hongkong verschafft. Diese Stadt ist der größte Umschlagplatz für illegales Elfenbein. Wir haben die Händler mit versteckten Kameras getroffen. Einer von ihnen hat offen mit seinen Elfenbeinvorräten und seinen guten Kontakten zur Polizei geprahlt.
Es gibt in China eine kleine Menge von offiziell erworbenem Elfenbein. Doch die Händler schlagen hundertmal so viel Elfenbein um. Der Trick: Sie verwenden ihre Verkaufszertifikate immer wieder für Elfenbein aus illegalen Beständen.

Sich in Hongkong gegen die Elfenbeinhändler zu stellen ist gefährlich. Das organisierte Verbrechen agiert hier knapp unter der Oberfläche. Daher müssen wir die Identität von Omega unbedingt geheim halten. Ihr Leben ist in Gefahr. Ihr Motiv? Sie will einen Anreiz geben, die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Die Videos aus unseren Ermittlungen habe ich einer Parlamentsabgeordneten in Hongkong übergeben. Wenig später hat die Stadt angekündigt, den nationalen Handel mit Elfenbein bis zum Jahr 2021 vollständig zu verbieten. Zum ersten Mal seit vielen Jahren habe ich damit Hoffnung, dass sich die Dinge in Afrika und in China doch noch ändern könnten.
Ofir Drori
Verdeckter Ermittler, Mastermind des Eagle Network.
Ich wurde in Israel geboren, bin aber seit 14 Jahren in Afrika aktiv. Mein Ziel ist es, die Einhaltung der Gesetze zum Schutz von Wildtieren durchzusetzen. Das ist in Afrika keine Selbstverständlichkeit, es gibt hier in allen Ebenen der Verwaltung Bestechlichkeit. Derzeit umfasst mein Netzwerk rund 80 Aktivisten. Wir arbeiten verdeckt. Prinzipiell versuchen wir immer, die Hintermänner zu finden. Also jene Männer, die für den Nachschub an Waffen, Munition und Fahrzeugen sorgen und die heiße Ware außer Landes schaffen. Wer mit mir arbeitet, kann sich auf mich verlassen. Ich kenne die Szene, ich operiere in neun Ländern.

Davon konnte ich auch den aus China stammenden Journalisten Hongxiang Huang überzeugen. Wir haben in Kampala, Uganda, eine Operation gestartet, in der er sich als Elfenbeinkäufer ausgab. Wir haben ihn mit einer versteckten Kamera ausgestattet und als Lockvogel losgeschickt. Der Deal sollte in einem Auto am Straßenrand stattfinden.
In dem Moment, als er uns bestätigen konnte, dass im Kofferraum tatsächlich Elfenbein liegt, gaben wir der Polizei grünes Licht, um zuzuschlagen. Das war ein kleiner, aber wichtiger Erfolg im Kampf für die Elefanten. Insgesamt hat die Arbeit von mir und meinem Netzwerk bisher zu mehr als tausend Verhaftungen in ganz Afrika geführt. Und so soll es auch weitergehen.
Georgina Kamanga
Leiterin der Geheimdienstabteilung der Zambia Wildlife Authoritiy (ZAWA).
In meinem Land, Sambia, war es lange Zeit viel ruhiger als im nördlich gelegenen Tansania. Doch dann habe ich auf einer Konferenz Elisifa Ngowi kennengelernt. Er hat erzählt, dass Wilderer aus seinem Land jetzt bei uns aktiv werden. Das sind unsere Elefanten, das ist unsere Verantwortung. Ich nehme das sehr persönlich. Es bricht mir das Herz zu sehen, wie diese Tiere abgeschlachtet werden.

Neulich hat jemand am Ufer des Sambesi-Flusses Schüsse gehört. Also sind wir in unser Flugzeug gestiegen, um nachzusehen. Und dann haben wir sie entdeckt: erst einen, dann zwei, dann vier Kadaver. Zurück am Boden haben wir uns durch das Unterholz zu der Stelle durchgeschlagen.
Mit Metalldetektoren fanden wir Patronen, eindeutig aus einem AK47-Sturmgewehr abgefeuert. Sie hatten keine Kupferummantelung, wie sie typisch ist für sambesische Munition. Das und die Information von Elisifa Ngowi bestätigt mir, dass hier ausländische Wilderer aktiv sind. Dann erhielten wir die Nachricht, dass in der Hauptstadt Lusaka jemand versucht, frisches Elfenbein zu verkaufen.
Wir werden verdeckte Ermittler hinschicken und sofort zuschlagen, wenn sich herausstellt, dass das stimmt.
Craig Millar
Sicherheitschef der Kenianischen Tierschutzorganisation „Big Life Foundation“.
Mein verblüffendstes Erlebnis mit Elefanten? Ich habe ein Tier gesehen, das versucht hat, seine Stoßzähne vor mir zu verbergen. Die Tiere wissen, dass das Elfenbein für viele Menschen unglaublich wertvoll ist. So wertvoll, dass sie dafür töten. Die Elefanten sind klug genug, um das zu verstehen. Aber gegen eine koordinierte Aktion von Wilderern sind sie machtlos. Die töten selbst Elefantenkühe oder Jungtiere mit ganz kleinen Stoßzähnen. Weil sie auch mit wenigen Kilogramm Elfenbein noch Geld verdienen. Gegen Schusswaffen können Elefanten nichts ausrichten. Deshalb versuche ich, den Tieren zu helfen. Ohne uns werden die Elefanten auf dem gesamten Kontinent ausgerottet werden.
Mein verblüffendstes Erlebnis mit Elefanten? Ich habe ein Tier gesehen, das versucht hat, seine Stoßzähne vor mir zu verbergen.
Craig Millar, Sicherheitschef der Kenianischen Tierschutzorganisation „Big Life Foundation“
In einem Alter, in dem andere Jungs davon träumen, Pilot zu werden oder ein Superheld, wusste ich schon, dass ich Ranger werden wollte. Ich bin in vierter Generation Kenianer. Studiert habe ich in Großbritannien, doch ich habe immer nach einer Möglichkeit gesucht, zurück nach Afrika zu kommen, zu diesen Tieren. Seit zwei Jahren arbeite ich für die Big Life Foundation. Wir beschäftigen hunderte Ranger auf mehr als 40 Außenposten, um ein Gebiet von über 8.000 Quadratkilometern im Amboseli-Ökosystem, im Grenzgebiet zwischen Kenia und Tansania, zu sichern.
Vor einigen Jahren wurde sogar Satao abgeschossen, ein ungefähr 60 Jahre alter Bulle mit Stoßzähnen, die fast bis zum Boden reichten. Er war eine Ikone in Kenia. Selbst ihn konnten wir nicht retten. Als ich vom Abschuss hörte, war ich verzweifelt. Was sagt so eine Tat über uns als Menschen aus? Müssen wir wirklich alles konsumieren und zerstören, was wir sehen und schätzen?

Es ist schwierig, die Elefanten zu schützen. Ganz gleich, wie viele Männer du hast, wie viele Gewehre – es ist, als würde man sich gegen eine Lawine stemmen. Die Wilderer sind bereit, auf dich zu schießen, also musst du bereit sein, auf sie zu schießen. Wenn du das nicht begreifst, solltest du dir lieber einen anderen Job suchen.
Dazu kommt, dass viele Menschen auf dem Land die Elefanten nicht besonders schätzen, weil sie ihre Felder und Gärten plündern. Wir müssen die Tiere also nicht nur vor den Wilderern schützen, sondern auch vor den Landwirten.
Sind die Elefanten erst einmal ausgerottet, können wir sie nie wieder zurückholen. Ich will verhindern, dass es so weit kommt.
Craig Millar, Sicherheitschef der Kenianischen Tierschutzorganisation „Big Life Foundation“
Ich verstehe die Nöte dieser Menschen. Sie wollen die Früchte ihrer Arbeit für sich und ihre Kinder. Neulich wurden wir in der Nacht in ein Dorf gerufen, wo aufgebrachte Bauern damit drohten, Elefanten zu töten, die sich ihren Feldern nähern. Es war eine sehr aufgeheizte Stimmung. Doch ich konnte vermitteln. Zuerst haben wir die Tiere mit Knallkörpern vertrieben. Und dann habe ich angekündigt, dass wir in der Gegend starke elektrische Zäune zum Schutz der Felder aufstellen werden.
Das kostet eine Menge, das geht nur mit Hilfe aus Europa. Aber diese Zäune sind die beste Möglichkeit, den Elefanten in der Region zu helfen. Das hat die Lage zwar etwas entschärft, doch wir müssen schnell handeln, sonst ist es zu spät. Sind die Elefanten erst einmal ausgerottet, können wir sie nie wieder zurückholen. Ich will verhindern, dass es so weit kommt.
Ian Craig
Director of Conservation Northern Rangelands Trust, Kenia
Wir sind an einem Wendepunkt angelangt. Hubschrauber, Waffen und Männer – egal wie viel wir davon haben: Es wird nie ausreichen, um die Elefanten rundum zu schützen. Solange der Preis für Elfenbein so hoch ist wie jetzt, herrscht hier Krieg. Die Wilderer werden weitermachen, bis alle Elefanten vernichtet sind. Unser Ziel ist also, die Nachfrage abzustellen. Erst wenn das gelingt, sind die Tiere außer Gefahr. Wir brauchen eine politische Lösung für das Problem.
Dazu gehört auch, dass wir die vielen Tonnen an beschlagnahmtem Elfenbein ein für alle Mal aus dem Verkehr ziehen. Bisher ist das nur unzureichend gelungen. Zwar wird immer wieder Elfenbein konfisziert, doch es gibt viele Beispiele dafür, dass es aus den Lagerräumen gestohlen wird und dann in dunklen Kanälen verschwindet. In den Zielländern sorgt jeder Nachschub für noch mehr Nachfrage. Deshalb haben wir hier in Nairobi über 100 Tonnen Elfenbein verbrannt. Es schmerzt mich, diese brennenden Stoßzähne zu sehen. Jeder von ihnen gehörte einmal zu einem wunderschönen Tier.

Solange der Preis für Elfenbein so hoch ist wie jetzt, herrscht hier Krieg.
Ian Craig, Director of Conservation Northern Rangelands Trust, Kenia.
Wenn sie die Wahl haben, jagen Wilderer meist die größten Elefanten, die mit den mächtigsten Stoßzähnen. Wenn ein ausgewachsener Bulle oder ein Muttertier abgeschossen wird, bedeutet das für die Herde nicht nur den Verlust eines einzelnen Individuums. Der Abschuss eines solchen Tieres zerstört eine ganze Familie. Diese Leittiere sollten ja noch all ihr Wissen, all ihre Erfahrung an die nachfolgende Generation weitergeben. Etwa wie man Wasser findet oder ergiebige Weidegründe.
Mitunter finden wir auch Opfer von grausamen Fallen: Speere, versteckt in Bäumen, die sich nach einem Tritt auf einen Stolperdraht metertief in den Rücken der Elefanten bohren.

Es schmerzt mich, diese brennenden Stoßzähne zu sehen. Jeder von ihnen gehörte einmal zu einem wunderschönen Tier.
Ian Craig, Director of Conservation Northern Rangelands Trust, Kenia.
Mein Beitrag zur Rettung der Tiere? Ich habe die Farm meiner Eltern in ein Tierschutzgebiet umgewandelt – die Lewa Wildlife Conservancy. Wenn wir heute ein Flugzeug aus Nairobi erwarten, müssen wir zuvor Zebras von der Landebahn verscheuchen. Das Unternehmen wurde ein großer Erfolg und zum Vorbild für viele andere Farmen in der Umgebung. Daraus ist ein Netzwerk entstanden, der Northern Rangelands Trust.
Wir versuchen, den Leuten Alternativen zum Wildern anzubieten. Wir haben gelernt, wie das Zusammenleben von Landwirten und den Elefanten hier friedlich organisiert werden kann. Tatsächlich ist die Zahl an gewilderten Elefanten zumindest in diesem Gebiet seit 2012 um 52 Prozent gesunken. Außerdem setze ich meine Kontakte ein.
Wenn es der Sache hilft, dann fliege ich nach London, zwänge mich in einen teuren Anzug und treffe Prinz William, einen langjährigen Freund. Wir brauchen die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit!
Hongxiang Huang
Verdeckter Ermittler und Journalist
Als kleiner Junge in Peking sah ich auf dem Schulweg, wie sie auf den Märkten Tiere abschlachteten. Schon damals wusste ich, dass ich eines Tages zu denjenigen gehören möchte, die Tiere retten. Und ich habe das Gefühl, ich kann hier wirklich etwas beitragen. Ich kann etwas verändern.

Ich arbeite mit Menschen wie Ofir Drori und Andrea Crosta zusammen. Sie setzen mich als Lockvogel ein. Ich trete als jemand auf, der sich für Elfenbein interessiert. Das funktioniert in Afrika, aber auch in Vietnam und Hongkong. In Afrika haben wir einen Händler hochgenommen, als er einen Kofferraum öffnete, um mir seine Ware zu zeigen. In Vietnam traf ich illegale Händler, die mir erklärten, auf welchen Wegen sie das Elfenbein nach China verschicken. Und in Hongkong erzählten sie mir stolz über ihre immensen Elfenbeinvorräte. All das konnte ich mit einer versteckten Kamera dokumentieren.
Weil ich Chinese bin, ist niemand auf die Idee gekommen, dass ich auf der richtigen Seite stehe.
Hongxiang Huang, Verdeckter Ermittler und Journalist.
Weil ich Chinese bin, ist niemand auf die Idee gekommen, dass ich auf der richtigen Seite stehe. Das liegt daran, dass in dieser Geschichte die Chinesen mit ihrer Gier nach Elfenbein bisher immer die absolut Bösen waren. Bin ich deshalb ein Verräter? Ich hoffe nicht! Ich denke, dass es an der Zeit ist, dass auch mal Chinesen zu den Guten gehören.
Epilog
Die Weltgemeinschaft ist schwerfällig, das zeigen die jüngsten Entwicklungen: Die USA, der zweitgrößte Markt für den Handel mit Wildtieren, haben im Juli 2016 den nationalen Elfenbeinhandel mit wenigen Ausnahmen verboten. Auch die Regierung von Hongkong hat im selben Monat ein Verbot für den nationalen Handel angekündigt, es tritt 2021 in Kraft.
China indes, der wichtigste aller Märkte, verhält sich bislang eher still. Präsident Xi Jinping verkündete zwar im Herbst 2015, dass der Handel eines Tages beendet werden solle – einen Zeitplan dafür nannte er jedoch nicht.
Warum die Ausrottung ein gutes Geschäft ist
Der internationale Handel mit Elfenbein ist seit 1989 verboten. Doch im Jahr 2008 kauften China und Japan insgesamt 102 Tonnen Elfenbein aus den Lagern von Botswana, Namibia, Simbabwe und Südafrika, das zuvor beschlagnahmt worden war. Doch nur ein kleiner Teil davon wird jährlich zur Verarbeitung freigegeben. Weil dieser die Nachfrage keineswegs befriedigt, entstand ein weltumspannender Schwarzmarkt.
In China gelten Dekorationsstücke aus Elfenbein als Statussymbol. In dem wirtschaftlich aufstrebenden Land können sich immer mehr Menschen diesen Luxus leisten. Sehr beliebt ist es, damit beispielsweise Finanz- oder Immobiliendeals zu besiegeln. Die drohende Ausrottung der Elefanten bereitet den Wilderern, Schmugglern, Schnitzern und Händlern kein Kopfzerbrechen.
Im Gegenteil: Je weniger Tiere noch leben, desto wertvoller wird der Rohstoff Elfenbein. Viele Händler versuchen deshalb, ihre Lager möglichst schnell zu füllen, weil sie mit weiterhin stark steigenden Preisen rechnen. Die große Nachfrage wiederum macht die Wilderei noch profitabler.
Diese Geschichte erschien erstmals im Terra Mater Magazin, Juni 2016.

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