Eiderenten: Die teuersten Federn der Welt

Sie sieht ihn, ohne hinzusehen, eine Bewegung weit draußen und weit oben, ein kleiner Fleck nur, der den Rand des Gesichtsfelds kreuzt. Ihre Hände mit der schaumbedeckten Kaffeetasse halten inne, ihr Blick geht aus dem Fenster hinaus in den regengrauen Himmel. Er ist nun bereits tiefer, viel tiefer. Er kommt.
Für einen Augenblick scheint es, als sei die Welt eingefroren auf dieser Insel am Polarkreis, sie hier drinnen, er da draußen, ganz nah jetzt, ganz nah bei ihnen. Es gibt ein leises, dumpfes Geräusch, als die Tasse im Wasser auf dem Spülbeckenboden aufschlägt, die Zeit nimmt jetzt wieder Fahrt auf, und Hildegunn Nordum stürzt zur Tür hinaus und ruft und schreit und schwingt ihr Küchenhandtuch über dem Kopf wie ein Lasso.
Zuerst scheint das den Seeadler nicht zu irritieren. Er ist zwei Schleifen geflogen, hat die Lage sondiert und die Beute erwählt, aber als er sie nun greifen will, steht die schreiende Frau direkt unter ihm. Gleich neben der Eiderente, die schockstarr auf ihrem Nest hockt. Der Adler bricht seinen Angriff ab. Sein Schrei ist heiser. Er fliegt eine letzte Schleife und verschwindet Richtung Festland.
Frau gegen Greif: So geht das auf Lånan schon seit Jahrhunderten. Weil die Frauen auf der kleinen Insel seit Wikingerzeiten alles tun, um ihre Schützlinge vor dem Zugriff durch Adler und Eulen zu schützen. Wahrscheinlich gibt es auf diesem Planeten keinen zweiten Ort, an dem die Eiderente so behütet und umsorgt brüten kann wie im Vega-Archipel vor der norwegischen Küste.

Wahrscheinlich gibt es auf diesem Planeten keinen zweiten Ort, an dem die Eiderente so behütet brüten kann wie auf Lånan.
Stefan Nink, Autor Terra Mater
Hier draußen gelingt Mensch und Ente eine Symbiose, die so einzigartig ist, dass die UNESCO sie zum Welterbe erklärt hat. Der Deal? Mensch bietet Ente Schutz, Ente belohnt Mensch mit Daune. Mit der besten und wärmsten Daune, die es gibt, und mit der wertvollsten. Manchmal kann die Welt sehr einfach sein.
So darf man Hildegunn Nordum natürlich nicht kommen: Einfach? Das Wort lässt sie nicht gelten, wenn es um ihre Eiderenten geht, einfach ist da nämlich nichts. War es auch noch nie. Wird es auch niemals sein. Schon eine kleine Unachtsamkeit kann weitreichende Konsequenzen haben. So wie vorhin. Hätte der Adler die brütende Ente erwischt, wären ihre Artgenossen um sie herum panisch ins Wasser geflüchtet.
Auf so einen Moment aber lauern die großen Möwen – die hätten sich sogleich über die Eier in den Nestern hergemacht. Drei oder vier davon legt eine Eiderente, manchmal auch fünf oder sechs. Je mehr es sind, umso mehr Daunen zum Wärmen der Eier lösen sich von ihrer Brust. Fallen Möwen über die verlassenen Nester her und stehlen Eier, hat das also sofort Auswirkungen auf die Daunenproduktion. „Mal ganz abgesehen davon, dass die Enten sich das merken“, sagt Hildegunn Nordum. „Im nächsten Jahr kommen sie dann nicht wieder, weil sie sich bei uns nicht mehr sicher fühlen.“
Eine Insel wie aus einem Werbeprospekt
Lånan ist eine dieser skandinavischen Inseln, wie man sie aus der Werbung des norwegischen Kreuzfahrtunternehmens Hurtigruten kennt: ein großer, flacher Felsrücken im Atlantik mit einer Handvoll rotweiß gestrichener Holzhäuser obendrauf. Kein Baum, kein Strauch, bloß Moose und Gras, das der Nordatlantikwind zerzaust. In den drei oder vier eingekerbten Buchten schaukeln vertäute Fischerboote. Draußen im Meer ragen andere Inseln aus dem Dunst, 6.500 sind es insgesamt auf den gut tausend Quadratkilometern Archipelfläche, die allermeisten nicht mehr als ein großer Stein im Meer. Am Horizont sehen die schneebedeckten Gipfel der Küstenberge aus, als habe sie jemand mit Wasserfarben an den Himmel gemalt.
Lånan liegt etwa in der geografischen Mitte Norwegens; bis zum Polarkreis sind es mit dem Boot 50, 60 Minuten. Das Meer hier ist tief, der Himmel weit und die Stille allumfassend. Man hört die klagenden Rufe der Möwen, das aufgeregte Tschilpen der Lerchen hoch oben am Himmel und das Geräusch, das der Wind und die norwegische Nationalflagge miteinander veranstalten. Sonst hört man nichts. Wie denn auch? In diesem Sommer leben nur sechs Menschen auf der Insel. Sechs Menschen – und weit über tausend Enten.




Lånan ist das Zentrum der Eider-Welt im Vega-Archipel. Auf die meisten anderen größeren Inseln, nach Halmøy oder Kilvær oder Bremsteinvær, kommen jedes Jahr nur 30 oder 40 Brutpaare. Hier auf Lånan aber sind die Enten überall. Das war schon immer so. Weil die Menschen von Lånan sich schon immer um ihre Vögel gekümmert haben.
Dieses Jahr sind die Entenhüterinnen in der zweiten Aprilhälfte angerückt – aus Oslo, Bergen und Brønnøysund, drei Frauen mit ihren Männern. Alle sind sie irgendwann um die Mitte des vergangenen Jahrhunderts auf dieser Insel geboren worden und hier aufgewachsen, alle haben sie ihre Heimat irgendwann verlassen müssen auf der Suche nach Arbeit und einem angenehmeren Leben. In den Achtzigerjahren hat die norwegische Regierung Außenposten wie Lånan von der Stromversorgung gekappt. Wer da noch nicht fortgezogen war aufs Festland, hatte nun keine Alternative mehr; den eisigen, endlosen Winter am Polarkreis will niemand auf einer Insel ohne Strom ausharren.
Jedes Jahr im Frühling aber kehren die Entenhüterinnen zurück. Sie ziehen in ihre alten Häuser ein. Sie räumen auf und lüften durch und hoffen auf sonniges Wetter. Dann tun sie in den kommenden Monaten das, was schon ihre Mütter gemacht haben und deren Mütter und all die Generationen vor ihnen: Sie kümmern sich um ihre Enten.
„die Allerweichste mit dem schwarzen Körper“
Somateria mollissima ist eine ziemlich spezielle Spezies. Die Eiderente – deren lateinischer Name „die Allerweichste mit dem schwarzen Körper“ bedeutet – ernährt sich von Muscheln und taucht für diese auch mal fünfzig Meter ins Meer hinunter, begibt sich als einzige Entenart aber auch gern auf Fischjagd. An Land eher unbeholfen, erinnert sie im Wasser an einen Torpedo und bringt es in der Luft auf über 100 km/h. Weil ihr Schnabel direkt in die Stirn übergeht, sieht ihr Kopf seltsam keilförmig aus. Während die Erpel auffällig schwarz-schneeweiß gefiedert sind, übersieht man die braunen, gut getarnten Weibchen leicht. Im Freien hockende Tiere ähneln eher einem großen Kuhfladen als einem Vogel, und wenn man über Lånan läuft, muss man aufpassen, wo man hintritt.
Wenn man sie pflegt, hält eine Daunendecke von Lånan gut 100 Jahre. Vielleicht hält sie sogar noch länger. Müsste man mal ausprobieren.
Hildegunn Nordum, Eiderdaunenspezialistin



Die Art gilt zudem als ausgesprochen wählerisch bei der Suche nach einem Brutplatz. Die Eiderente mag keine Steilufer, keine schroffen Felsen und keine Stellen, an denen es windig ist. Hat sie erst einmal einen Platz gefunden, gibt sie sich beim Nestbau dann allerdings nicht mehr besonders viel Mühe. Noch lieber nutzt sie verlassene Möwennester.
Diese – nun ja – Bequemlichkeit der Eiderente machen sich die Frauen von Lånan seit Jahrhunderten zunutze (die Männer waren und sind unterdessen meist beim Fischen; Entenbetreuung ist seit jeher eine Angelegenheit der weiblichen Inselbewohner). Die Vögel werden hier nämlich nicht nur behütet, sondern auch „behüttet“. Überall auf der Insel stehen gezimmerte Schutzstände, einzelne Holzhäuser und Reihenhaussiedlungen, in denen mehrere Enten nebeneinander brüten können; insgesamt 300 Wohnmöglichkeiten gibt es. Einige erinnern an größere Schuhkartons, andere sehen aus wie Hundehütten oder kleine Schuppen oder Miniaturhäuser auf einem Filmset. Alle sind sie Unikate, weshalb die UNESCO sogar von „Eiderhaus-Architektur“ spricht und den Bauherren beispielsweise untersagt, Sperrholzplatten aus dem Baumarkt zu verwenden.
Treffen die Entenhüterinnen im Frühjahr auf der Insel ein, bereiten sie den Vögeln diese Brutunterkünfte vor. Sie kehren und fegen, rupfen das Gras vor den Eingängen und legen die Eiderhäuser mit getrocknetem Seetang aus, damit die Enten es schön gemütlich haben. „Es ist ein bisschen so, als hätten wir Ferienwohnungen, die nur in der Hochsaison vermietet werden“, meint Hildegunn. „Sobald die ersten Gäste einziehen wollen, muss alles tipptopp sein.“
Aus Enten werden Stammgäste
Gefällt es ihnen an einem Ort, werden Eiderenten schnell Stammgäste. Manche Vögel ziehen seit über zehn Jahren jeden Sommer in die gleiche Unterkunft auf Lånan und verbringen dort fast ihre komplette Zeit. Auch jene Enten, die lieber im Freien brüten, tun dies Jahr für Jahr am gleichen Ort. Während sich die Erpel in großen Kolonien draußen auf dem Meer herumtreiben, hocken die Weibchen nach der Eiablage im Nest und verlassen es bis zum Schlüpfen der Jungen nur zum Fressen. Bevor sie dafür Richtung Wasser watscheln, bedecken sie die Eier unter einem wärmenden Berg Daunen.

Eiderdaunen sind ein magischer Stoff. Weil der Wind sie sonst aus den Nestern wehen würde, sind sie mit mikroskopisch kleinen Widerhaken ausgestattet, mit denen sie sich wie Kletten aneinanderhängen. Dabei entstehen unzählige winzige Lufträume, die für die superbe Isolationsfähigkeit der Eiderdaune sorgen. Bei höheren Temperaturen – also zum Beispiel dann, wenn es dem Menschen unter seiner Daunendecke mollig warm ist – werden die feinen Daunenverästelungen durch die erhöhte Feuchtigkeit schwerer. Dann legen sie sich zusammen, die Anzahl der Luftkammern verringert sich, die Decke hält nicht mehr ganz so warm, und der Mensch unter ihr kommt nicht ins Schwitzen. Eine technologische Meisterleistung.
Die außergewöhnliche Qualität der Eiderdaune von Lånan und den Nachbarinseln war bereits zu jener Zeit bekannt, in denen die Norweger in Drachenbooten meerauf, meerab Angst und Schrecken verbreiteten: Schon jene Leute, die wir heute als Wikinger bezeichnen, hatten Eiderdaunen an Bord.
Ab dem 15. Jahrhundert gehörten die Vega-Inseln der Kirche; sie gab das Land an Siedler, im Gegenzug mussten die Inselbewohner Daunen liefern. Das Produkt von den Eilanden draußen vor der Küste war Goldes wert und wurde von königlichen Steuereintreibern als Zahlungsmittel akzeptiert. Im 17. Jahrhundert entsprach der Gegenwert für ein Kilo Daunen von Lånan einer Kuh, und mit einer Kuh konnte man eine kleine Familie ernähren.
Norwegische Aristokraten ließen sich in Eiderdaunendecken bestatten, und weil ihr fulminanter Ruf irgendwann auch an den Höfen anderswo in Europa vernommen wurde, entwickelten sich die Produkte von den Inseln zu Exportschlagern. Decken mit Eiderdaunen liegen seit jeher auf den Betten im Buckingham Palace, und natürlich kuscheln sich in sie auch Norwegens Königskinder. Luxusprodukte sind sie bis heute geblieben: Eine handgesteppte Decke von Lånan kostet 6.500 Euro.





Und jetzt ist es gleich schon wieder elf Uhr und damit Zeit für den Pier. Jeden Vormittag um diese Uhrzeit treffen sich die Lånaner hier auf ein Dosenbier, im Windschatten des Bootsschuppens, auf einer Bank in der Sonne, wenn sie denn einmal scheint. Die Männer reden über Kabeljaugrößen und Bootsmotoren, die Frauen über Enten und die alten Zeiten. Früher, als noch mehr Leute auf Lånan lebten, musste sich das komplette Inselleben dem Verhalten der Vögel anpassen. Fenstervorhänge wurden abgenommen und Segelboote verboten, weil helle Stoffe, die sich bewegen, Enten an große Schwingen erinnern. Die Inselkatzen wurden aufs Festland verfrachtet.
Lånans Kinder durften während der kompletten Brutzeit nicht aus dem Haus, um die Enten nicht zu erschrecken (das muss man sich einmal vorstellen: nach dem endlos langen, dunklen Winter endlich Licht und Sonne, und dann darf man nicht vor die Tür!). Fremde Boote, die sich der Insel näherten, wurden am Anlegen gehindert. Auch heute sind weite Teile des Vega-Archipels während der Brutzeit off-limits: Zwischen dem 15. April und dem 31. Juli darf man im Naturschutzgebiet Lånan/Skjævær nur mit Ausnahmegenehmigung an Land.
Der Deal ist simpel: Der Mensch bietet der Ente Schutz zum Brüten. Die Ente revanchiert sich mit ihren wertvollen Daunen. Eine klassische Win-win-Situation für alle Beteiligten.
Stefan Nink, Autor Terra Mater
Um später mit möglichst vielen Daunen belohnt zu werden, kümmern sich die Entenhüterinnen in diesem Zeitraum rund um die Uhr um ihre Schützlinge. In den hellen Sommernächten ist immer irgendwer wach und tagsüber immer irgendwer auf der Insel unterwegs. Nach dem Treff am Bootsschuppen steht vormittags eine ausführliche Nestpatrouille an. Hildegunn und ihre Freundinnen schauen in sämtliche dreihundert Holzhütten und -häuser hinein, reden beruhigend auf die Enten ein und kontrollieren, ob Eier fehlen oder beschädigt sind. Manche Vögel verlassen Nest und Insel, wenn eines ihrer Eier zerbricht; deswegen tauschen ihre Hüterinnen solche Eier gegen Imitate aus Holz aus. Zwischendurch wird immer wieder der Himmel sondiert: Kreist irgendwo über der Insel ein Adler? Ist ein Möwenschwarm besonders aufgeregt? Laufen Enten panisch Richtung Wasser?




Die Daunen aber holen sich die Entenhüterinnen erst, wenn die Vögel mit ihren Küken die Nester endgültig verlassen haben. Auf einer Harpe, einem Gerät, das mit seinen gespannten Saiten tatsächlich wie eine Harfe aussieht, wird der Daunenball dann mit einer Art Kamm hin- und hergestrichen. Grashalme, Holzstückchen oder Seetangkrümel fallen dabei heraus. Was folgt, ist eine Arbeit, die endlose Geduld erfordert. All die kleinen Fremdkörper, die sich bei der Arbeit mit der Harpe nicht gelöst haben, werden nun nämlich mit der Hand aus dem Ballen gepickt. Bis ein Kilo Eiderdaunen gereinigt ist, müssen Lånans Frauen drei bis vier Wochen lang jeden Tag sechs bis acht Stunden Sandkörnchen, Grassamen und Pflanzenfasern aus ihnen lösen (noch ein paar Zahlen: In einem Nest liegen 15 bis 17 Gramm Daune, 60 bis 80 Nester benötigt man demnach für ein Kilo, 15 bis 20 Kilo werfen Lånans Enten im Jahr ab).
Deswegen trifft man im Sommer auf Lånan keine Frau ohne einen Ballen Daune in den Händen an. Und deshalb liegt die Jahresproduktion bei lediglich acht bis zehn Federbetten, die im Herbst von den Frauen zu Hause auf dem Festland genäht und mit je einem dreiviertel Kilo Daunen gefüllt werden. Die sind immer schon verkauft, bevor die erste Ente des Jahres auf Lånan eingetroffen ist.
Eine gute Geschichte für die Daunen
Dass die Daune von der kleinen Insel im Vega-Archipel eine derartige Renaissance erlebt, hat Hildegunn Nordum übrigens quasi im Alleingang geschafft. Vor zehn Jahren präsentierte sie die Produkte von Lånan auf einer Reisemesse in Oslo. Sie zeigte Decken und Daunen und erzählte die passenden Geschichten dazu, die von den kleinen gezimmerten Häuschen und den Holzeiern und den Küchenhandtüchern, mit denen sie hungrige Seeadler vertreibt. „Das hat den Nerv der Zeit getroffen“, sagt sie heute, „damals sprachen ja plötzlich alle über Nachhaltigkeit und Respekt vor der Natur, und dann kam ich mit meinen Daunen und meinen Geschichten.“



Während der Messe sei ihr kleiner Stand ununterbrochen belagert gewesen, erinnert sie sich. Und dass sie einfach vom Entenhüterinnenleben auf Lånan berichtet habe. Dass die Eiderenten nicht etwa gerupft würden wie die Gänse in Polen und dass jede einzelne Daune mit der Hand gereinigt werde und nicht in der Maschine wie auf Island, mit jährlich drei Tonnen der größte Eiderdaunenproduzent der Welt. „Schon für das nächste Jahr hatten wir mehr Bestellungen, als wir Decken liefern konnten. Und seitdem ist es eigentlich immer so weitergegangen.“
Vom Verkauf ihrer Decken leben können die Entenhüterinnen natürlich nicht. Ein nettes Nebeneinkommen verschafft er ihnen, und von der UNESCO kommt auch ein kleiner Obolus – und überhaupt: Sie können jeden Sommer auf der Insel bei ihren Enten verbringen, das allein ist all die Mühe wert.

Doch, das ist schon so: Die Daunen von Lånan sind etwas, was es eigentlich überhaupt nicht mehr geben dürfte in einer Welt, in der chinesische Hersteller Daunendecken für zehn Euro produzieren und etliche Leute ihre Federbetten beim Discounter kaufen. Eine Daunendecke von Lånan aber sei eine Investition für die Zukunft, sagt Hildegunn Nordum, für zwei oder drei Generationen. Wenn man sie pflege, den Bezug ab und an erneuere und die ältesten Daunen nach ein paar Jahrzehnten austausche, halte so eine Decke hundert Jahre. „Vielleicht hält sie sogar noch länger. Müsste man mal ausprobieren.“
Die Enten wissen von all dem natürlich nichts – oder vielleicht ja doch. Nach ein paar Tagen auf Lånan fällt einem auf, dass die Tiere immerzu die Nähe zu ihren Hüterinnen suchen. Sämtliche Entenhäuser, die zwischen den Menschenhäusern stehen, sind besetzt, und überall zwischen ihnen brüten ebenfalls Enten im Gras, dicht an dicht, es sind viel mehr als sonst auf der Insel. Wenn die Tiere zur Futtersuche Richtung Küste unterwegs sind und dabei eine der Frauen entdecken, machen sie einen großen Umweg, um nah an ihnen vorbeiwatscheln zu können. Und wahrscheinlich wissen sie auch, dass Hildegunn Nordum immer ein Küchenhandtuch griffbereit hat und jede Bewegung am Himmel registriert. Jeden Schatten, und sei er auch noch so klein, und sei er auch noch so fern.
Diese Geschichte erschien erstmals im Terra Mater Magazin 1/2016.

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