Ein Tag schreibt Geschichte: Die Erfindung der Blue Jeans

Levi Strauss war zwar kein Tellerwäscher, der in Amerika zum Millionär wurde, aber er wurde geboren als Sohn eines Mannes namens Hirsch Strauss, dessen Beruf im Gewerberegister der Königlich Bayerischen Regierung mit Hausierhandel mit Schnittwaren angegeben wurde, also Hausierer mit Stoff und Kleidung. Das ist als Startrampe zum Reichtum auch nicht besser als Tellerwaschen. Auch der Ort, in den Löb – Levi nannte er sich erst in Amerika – am 26. Februar 1829 hineingeboren wurde, verhieß nicht viel: Buttenheim in Oberfranken, Marktstraße 83a. Damals 900 Einwohner, heute nicht um Welten mehr: 3.600.
Hirsch Strauss war einer von 150 Juden in Buttenheim, die Gemeinde war also beträchtlich. Doch noch vor der Mitte des 19. Jahrhunderts begann diese Gemeinde zu schwinden. Wirtschaftlicher Niedergang trieb die Menschen in die größeren Städte, zunehmend auch in die Vereinigten Staaten von Amerika. 1846 war Löbs Vater gestorben. Übrig blieben Hirschs zweite Frau Rebecca, die Stieftochter Mathilde und die beiden eigenen Kinder Fanny und Löb.

Es war die Zeit, als überall Plakate hingen, die für die Auswanderung in die USA warben. Die Zeitungen waren voll von Inseraten, in denen Schiffspassagen angeboten wurden; Broschüren informierten über das fremde Land, Wörterbücher sollten die Einwanderer sprachlich vorbereiten. Und es war die Zeit, in der Rebecca Strauss keine Perspektive mehr für sich und ihre Familie in Deutschland sah. Am 14. Juni 1847 wurde ihr Antrag auf Auswanderung genehmigt.
Im Juli trat Rebecca mit den drei Kindern die Überfahrt an. Als die Auswanderer am 3. August in New York ankamen, wurden sie nicht von der Freiheitsstatue begrüßt, die stand erst ab 1886, aber immerhin von Löbs älteren Stiefbrüdern Jonas und Louis. Die beiden waren schon vorher ausgewandert und hatten einen Laden für Bekleidung auf der East Side.
Dort half der 18jährige Löb aus, lernte Englisch und die Tricks des Handels. 1850 stellte er den Antrag auf Einbürgerung. Die Wartefrist überbrückte er mit dem gleichen Job, den schon sein Vater ausübte: Er zog als Hausierer Bekleidung auf dem Handkarren durch New York. Am 31. Jänner 1853 wurde Löb Strauss Staatsbürger der USA und nannte sich ab nun Levi Strauss.
Hosen für die Goldgräber
Kurz darauf reiste er mit seiner Schwester Fanny und deren Mann David Stern nach San Francisco, per Schiff ums Kap Hoorn herum. San Francisco war damals anziehend und abstoßend zugleich, für Glücksritter eher Ersteres. Goldfunde hatten einen Boom ausgelöst, 70.000 Menschen lebten bereits in der Stadt, darunter so viele Kriminelle, dass manche Kapitäne sich weigerten, den Hafen anzulaufen. 400 Saloons, 1.000 Morde im Jahr. An jeder Ecke Besoffene.
Schnell gründete er mit seinem Schwager ein Geschäft in der Sacramento Street, stand als importer and dealer in clothing and dry goods im Adressverzeichnis. Levi brachte Waren auch direkt in die Goldgräberlager: Haushaltswaren, Kleidung, vor allem aber Hosen aus Zeltstoff.
Das 1886 eingeführte Leder-Label auf der Rückseite jeder Jeans war Sinnbild für die Qualität: Es zeigt zwei Pferde, die versuchen, eine Jeans auseinanderzureißen. Natürlich vergeblich.
Levis-Träger schätzten vor allem die robuste Ausführung der Beinkleider.
Bald fand er einen Stoff, der besser tragbar war. Einen Baumwollstoff, wie er erstmals in Genua (französisch Gênes, wovon sich das Wort Jeans herleitet) erprobt wurde und dann in den Webereien der französischen Stadt Nîmes halbindustriell hergestellt wurde: serge de Nîmes, Gewebe aus Nîmes. Aus de Nîmes wurde mit der Zeit Denim, der Name für den indigoblau gefärbten Stoff.
Die Geburt der Jeans
Levi Strauss, der um1870 bereits ein vierstöckiges Kaufhaus in der Battery Street besaß, Millionär war und Finanzgeschäfte betrieb, importierte Denim in die USA und verarbeitete ihn tonnenweise zu Hosen. Dabei machte er sich bald die Erfindung des eingewanderten Juden Jacob Davis zunutze: Nieten, welche die Hosen an strapazierten Punkten besser zusammenhielten.
Es traf sich, dass Davis kein Geld für die Anmeldung eines Patents hatte. Am 5. Juli 1872 bot er Levi seine Erfindung an, eine Woche später reichte dieser das Patent ein und bekam es am 20. Mai 1873 bewilligt: Das Prinzip der Jeans war offiziell auf der Welt.
Die Niete als Erfolgsgeheimnis: Sie hielt die Hosen besser zusammen als jedes Garn, vor allem an den beanspruchten Hosentaschen – in diese stopften die Digger gerne ihr Werkzeug.
Ein kleines Ding aus Metall machte aus einer Hose eine Jeans.
Der Unternehmer Levi Strauss war ein Philanthrop. Er stiftete Stipendien für Studenten, unterstützte Waisenhäuser in den USA und die jüdische Gemeinde in seiner alten Heimat, und er zahlte weiter Löhne, als es im Zuge der Arbeiterunruhen von 1877 zu Streiks kam. Als er 1902 starb, wurden die Flaggen in San Francisco auf Halbmast gesetzt. Im Testament setzte der kinderlose Strauss seine vier Neffen als Erben ein.
Jacob Davis, der tatsächliche Erfinder der Nietenhose, wurde zwar nicht berühmt, war im Firmenbuch jedoch als capitalist vermerkt, also eine Art Kapitalhalter.

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