Eine Minute zum Thema Kublai Khan

Als Kublai Khan am 18. Februar 1294 in Peking starb, war er nicht nur Großkhan der Mongolen und Kaiser von China – sein Reich hatte geradezu absurde Ausmaße: Es umfasste 33 Millionen Quadratkilometer und erstreckte sich von der Ostküste Chinas bis über das Schwarze Meer hinaus nach Europa. Es war das größte Herrschaftsgebiet der Weltgeschichte.
Als Kublai Khan im Jahr 1215 geboren wurde, war sein Großvater Dschingis Khan gerade dabei, den Grundstein für das mongolische Weltreich zu legen: Um die Wende zum 13. Jahrhundert gelang es ihm mit einer Mischung aus diplomatischem und militärischem Geschick, zunächst die Stämme der mongolischen Nomaden unter seiner Führung zu einer schlagkräftigen Macht zu einen – und in der Folge die benachbarten Steppenvölker zu unterwerfen. Als Dschingis Khan 1227 starb, war das mongolische Reich bereits doppelt so groß wie das heutige China. Und seine Macht war ziemlich intelligent abgesichert: Obwohl selbst Analphabet, veranlasste Dschingis Khan die Schaffung einer „Verfassung“ – einer schriftlich niedergelegten Sammlung von Gesetzen, die für alle Völker unter der mongolischen Herrschaft gültig war. Dazu kam eine gut organisierte zivile Verwaltung für die eroberten Gebiete.
Die Ernennung des Khans erfolgte mit beinahe demokratischen Mitteln: Der „König der Könige“ wurde dem Volk nicht aufgezwungen, sondern vorgeschlagen und dann gewählt – wenn auch nicht von allen. In Wahrheit konnten nur Adelige an der Wahl teilnehmen und unter mehreren Kandidaten wählen.
Kublai wurde jedenfalls im Jahr 1260 Großkhan und Nachfolger seines Bruders Möngke Khan. Schritt für Schritt verlegte er seinen Regierungssitz von der mongolischen Hauptstadt Karakorum nach Peking, was ihm die Mongolen eher übelnahmen. Sie fanden es auch nicht so angemessen, dass Kublai chinesische Feste feierte, sich nach der chinesischen Mode kleidete und sich damit vom Ideal eines mongolischen Anführers immer weiter entfernte. 1271 änderte er den Namen seiner Dynastie von Menku zu Yuan – einem chinesischen Namen, bis heute in Verwendung für die chinesische Währung.

Kublai Khan schaffte etwas, was seinen Vorgängern nicht gelungen war: Er eroberte in einem langwierigen Krieg zwischen 1267 und 1279 das Territorium der Song-Dynastie, die bis dahin über Südchina geherrscht hatte. So wurde das „Reich der Mitte“ unter Führung der Mongolen nach über 300 Jahren Trennung wiedervereinigt.
Kublai erschuf einen Vielvölkerstaat mit einem unerschütterlichen Grundwert: der Toleranz gegenüber allen Kulturen, Religionen und Traditionen. So sollen auch die venezianischen Handelsreisenden der Familie Polo mehrmals Gäste am Hof des Großkhans gewesen sein.
Trotzdem bekam seine Macht zunehmend Risse: Die Mongolen kritisierten seine Vorliebe für das Chinesische, die Araber die Verschwendung öffentlicher Mittel. Die Chinesen hingegen sahen in ihm den Eroberer, der sie gewaltsam unterworfen hatte. Also beschloss Kublai, dass er einen neuen politischen Erfolg brauchte.
Er schickte 1279 eine Gesandtschaft an den Kaiser von Japan und den Shogun, den Anführer der Samurai, und schlug eine friedliche Unterwerfung Japans unter die Mongolenherrschaft vor. Die Japaner fühlten sich in ihrem Stolz verletzt und töteten die Gesandten.
An diesem Punkt setzte Kublai wie ein verzweifelter Spieler alle verbliebenen finanziellen Mittel auf eine Invasion Japans. Er ließ Waffen schmieden, Rüstungen für zehntausende Soldaten anfertigen und sammelte die gesamten Vorräte und Ernten aller Untertanen des Reiches ein. Dann baute er eine der größten Flotten der Geschichte auf.
Kublai Khan schlug Japan eine friedliche Unterwerfung unter die mongolische Herrschaft vor, doch die Japaner töteten seine Gesandten.
Japans Widerstand war der Anfang vom Ende von Kublai Khans Herrschaft
Die Yuan shi, die Chroniken der Yuan-Dynastie, berichten davon, dass der Großkhan 100.000 Mann bewaffnete und die Koreaner – ein weiteres „mongolisiertes“ Volk – um militärischen Beistand bat. Diese stellten daraufhin 25.000 Soldaten, 15.000 Matrosen, 900 Schiffe und Getreidereserven zur Verfügung.
Die militärischen Führer der Mongolen hatten eine „zweiköpfige“ Armee organisiert – sie hätte bis Februar 1281 aus zwei verschiedenen Richtungen vor Japan eintreffen sollen. 40.000 Männer sollten vom heutigen Pusan in Südkorea lossegeln und zunächst die japanische Insel Iki vor Kyushu erobern. Dort sollten sie sich später mit den 100.000 Männern vereinigen, die vom Hafen von Quanzhou in Südchina aufgebrochen waren. Anschließend hätten alle zusammen die Invasion durchgeführt. Doch die Truppen aus China trafen sechs Monate später als geplant ein. Der Grund dafür ist nicht vollständig geklärt. Als wahrscheinlich gilt, dass einer der führenden Admirale erkrankte oder starb.
Die Koreaner warteten zunächst ab, entschieden dann jedoch, den Angriff allein zu führen. Am 10. Juni 1281 wurde Iki eingenommen. Zwei Wochen später landeten sie in Kyushu und begannen einen langen Kampf mit den Samurai, die die Invasoren aber zurückwerfen konnten. Und die Flotte aus China? Wurde, kurz bevor sie den Koreanern hätte beispringen können, vom Taifun Kamikaze zerschmettert.
Das Glück hatte Kublai Khan endgültig verlassen. Seine Eroberungslust wurde zusammen mit seiner Glaubwürdigkeit auf den Grund des japanischen Meeres versenkt. Damit war auch das Schicksal seiner Dynastie besiegelt: Nach seinem Tod zerfiel das Reich der Mongolen in vier Teile, Mitte des 14. Jahrhunderts wurden sie aus Peking verjagt und kehrten in die Steppen der Mongolei zurück.
Diese Geschichte erschien erstmals im Terra Mater Magazin 1/2015.

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